Fernsehfriedhof

Der Fernsehfriedhof: Wenn der Hamster wirklich bohnert...

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Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 252: Die Sendung, die laut Oliver Kalkofe die „wahrscheinlich überflüssigste Show dieser Erde“ war.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir des ewigen Kampfes zwischen RTL und Sat.1, der sogar einmal mithilfe von unschuldigen Haustieren ausgetragen wurde.

«Hamster TV» wurde am 28. Januar 1996 in Sat.1 geboren und entstand zu einer Zeit, als der frühere Hoffnungsträger Thomas Koschwitz mächtig ins Trudeln geriet. Kurz zuvor hatte er noch mit seiner «RTL Nachtshow» im Fahrwasser von Thomas Gottschalks «Late Night» für hervorragende Reichweiten bei RTL gesorgt. Als dieser seine tägliche Sendung jedoch aufgab und Koschwitz dessen Programmplatz erbte, brachen die Werte massiv ein. Bald kamen aufgrund des Misserfolgs noch inhaltliche Differenzen hinzu, was letztlich zu Koschwitz’ Absetzung führte. Weil parallel auch die große Investitionsoffensive vom Konkurrenten Sat.1 wenig Früchte trug, entschied sich der dortige Chef Fred Kogel dem kaltgestellten Moderator kurzerhand ein Übernahmeangebot zu unterbreiten, das unter anderem ein ernsthaftes Talkformat umfasste. Dazu sollte es aber - zumindest in dieser Form - nie kommen, was bereits an seinem ersten Engagement beim neuen Arbeitgeber lag.

Inhalt von «Hamster TV» war es, dass darin Tierbesitzer die besonderen Fähigkeiten ihrer Schützlinge öffentlich vorstellen konnten. So gab es singende Hunde, Tennis spielende Terrier und Roller fahrende Kakadus zu sehen. Garniert wurden diese Darbietungen mit einfallslosen Aktionen wie „Wettrennen“ unter Regenwürmern oder unter Schildkröten sowie mit einigen Tipps von Experten. Kurz, der Ablauf der selbsternannten „oberaffengeilen Tiershow“ war banal und belanglos.

Anders als es der damalige Pressetext versprach, entstand keine „kurios-putzige Tiershow", die ein „tierisches Vergnügen“ mit zahlreichen „unkalkulierbaren Zwischenfällen“ war, sondern eine zähe Abfolge von mäßig unterhaltsamen Nummern, zwischen denen kein Zusammenhang bestand. Die Berliner Zeitung beschrieb sie daher später als „dadaistische Sat.1-Kleintier-Gala“, während Die WELT gar von einem „Rohrkrepierer“ sprach, „der schon beim Start verpuffte.“ Noch deutlichere Worte fand der Fernsehsatiriker Oliver Kalkofe: „Sogar bei Sat.1 [...] kann so ein Schwachsinn nur jemand mit Chappi im Hirn erfunden haben, dem man vorher ein paar mal zu oft den bunten Hüpfball an die Omme gedonnert hat.“

Auch Koschwitz selbst schien sich mit seiner übernommenen Aufgabe sichtlich unwohl gefühlt zu haben, präsentierte er das sinnlose Treiben auffallend steif. Kalkofe charakterisierte ihn daher als einen „krampfigen Moderator, der danebensteht wie Schweinchen Dick im Konfirmationsanzug“. Tatsächlich bereute Koschwitz nachher in mehreren Interviews seine Teilnahme und auch in der Biografie auf seiner offiziellen Website erscheint sie nicht mehr. Er hätte seine Zusage einerseits aus Dankbarkeit und Pflichtbewusstsein gegenüber seiner neuen Geschäftsführung gegeben und andererseits in der „irrsinnigen“ Hoffnung, dadurch seine Karriere weiter ankurbeln zu können.

Dass ein derart dünnes Konzept überhaupt umgesetzt wurde, war hauptsächlich strategischen Überlegungen geschuldet. Der Konkurrent RTL hatte nämlich angekündigt, mit seinem Neuzugang Rudi Carrell unter dem Titel «Rudis Hundeshow» ein Remake von dessen legendärer Tiershow umsetzen zu wollen. Dem wollte Fred Kogel unbedingt einen entsprechenden Widersacher entgegensetzen, sodass am Ende beide Kontrahenten nicht nur am selben Tag, sondern auch im direkten Gegenprogramm am Sonntagvorabend starteten.

Allen Mängeln und der großen Konkurrenz zum Trotz schnitt Koschwitz mit seinem Sammelsurium an Kleintieren recht beachtlich ab. Die Auftaktfolge erreichte beispielsweise eine Sehbeteiligung von 3,22 Millionen Zuschauern und einen Zielgruppenmarktanteil von 14,7 Prozent. Aber die inhaltlichen Schwächen waren zu massiv und die negativen Reaktionen in der Presse zu präsent, als dass der Show ein langes Überleben vergönnt war. Während Sat.1 den Misserfolg schnell wegstecken konnte, wurde für Koschwitz der entstandene Imageschaden folgenreich, denn er galt nun innerhalb des Konzerns nicht mehr für ein seriöses Format haltbar. Als dann zudem sein interaktiver Talk «Jetzt sind Sie dran!» am Freitagabend fehlschlug, blieb dem einstigen Aufsteiger ab Februar 1997 nur noch die Übernahme der täglichen Gameshow «Hast Du Worte?!» im Morgenprogramm.

«Hamster TV» wurde am 03. März 1996 beerdigt und erreichte ein Alter von sechs Folgen. Die Show hinterließ den Moderator Thomas Koschwitz, der später zunächst im «Sat.1 Frühstücksfernsehen» unterkam und ab April 2000 doch noch eine seriöse Talksendung bekam – allerdings lediglich beim Nachrichtenkanal N24. Danach wandte er sich dem Radio zu und war bzw. ist mit verschiedenen Programmen bei mehreren Stationen zu hören. Übrigens, Rudi Carrell brachte es bis Ende 1996 mit seiner Hundeparade immerhin auf zwei Staffeln.

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einem der ersten Vertreter des Ekel-Fernsehens.

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